Hermann Cohens „Ästhetik des reinen Gefühls“. Zu einem vergessenen Kapitel ästhetisch-poetischer Vorstellungsbildung

Bearbeitung: Andrea Albrecht

„In Germany the greatest efforts have been made to forget the name of Hermann Cohen, and to efface or surpress his philosophical work. But all these efforts will prove useless. Future historians of German philosophy in the second half of the nineteenth century will regard Cohen as one of the greatest representatives of that period.“

Ernst Cassirers Zuversicht auf eine Rehabilitierung des deutsch-jüdischen Philosophen Hermann Cohen (1842-1918), der wie kaum ein anderer den Neukantianismus der Jahrhundertwende geprägt hat, in den 1920er Jahren jedoch mehr und mehr kritisiert und in den 1930er Jahren schließlich für die Nationalsozialisten zum verfemten Symbol jüdischen Rationalismus wurde, hat sich bis heute nicht bestätigt.

Zwar gibt es seit einigen Jahren im Zuge eines verstärkten Interesses am Neukantianismus allgemein auch eine gewisse Belebung der Cohen-Forschung. Doch sowohl Cohens mathematik-, erkenntnis- und moralphilosophische Schriften, mit denen er im 19. Jahrhundert reüssierte und zur dominanten Figur der Marburger Philosophie aufstieg, als auch seine politischen und religionsphilosophischen Schriften, mit denen er sich in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts in die philosophischen wie in die öffentlichen Diskussionen mit einer ganz eigenen, wenn auch nicht unproblematischen Stimme einmischte, dürften weiterhin nur einem kleinen Kreis von Spezialisten bekannt sein. Besonders wirkungsvoll aber hat sich das nationalsozialistische Ansinnen, Cohen aus dem kulturellen Gedächtnis zu entfernen, für Cohens ästhetische Schriften ausgewirkt.

Vor allem seine 1912 publizierte zweibändige Schrift „Ästhetik des reinen Gefühls“, in der er unter anderem seine Theorie des Romans entfaltet, ist bis heute in den Literaturwissenschaften nahezu unbekannt. Dies ist vor allem deswegen bedauerlich, weil Cohens ästhetisch-poetische Vorstellungsbildung sehr wohl wirkmächtig war und nicht zuletzt einige der ‚Ikonen‘ der Literturwissenschaft, allen voran Walter Benjamin und Käte Hamburger, aber auch Ortega y Gasset und Mikhail Bakhtin, beeinflusst hat.

Das Projekt verfolgt zwei Ziele: Zum einen geht es darum, Cohens „Ästhetik des reinen Gefühls“ als ein zu Unrecht vergessenes Kapitel ästhetisch-poetischer Vorstellungsbildung in Erinnerung zu rufen; zum anderen darum, die besonderen Umstände dieses Vergessens bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein, ansatzweise auch darüber hinaus zu verfolgen und im Kontext der zeitgenössischen Debatten der philosophischen und psychologischen Ästhetik wie auch der Theoriedabatten der einzelnen Fachdisziplinen (Literaturwissenschaft, all Kunstwissenschaft) zu platzieren.

Vorarbeiten:

Andrea Albrecht: Hermann Cohens Ästhetik des reinen Gefühls. Zu einem vergessenen Kapitel ästhetisch-poetischer Vorstellungsbildung. FHEH. Version: 1. 08. 2012

Kontakt:  Andrea Albrecht