Es gibt nicht viele Universitäten und Hochschulen in Deutschland, an denen die Wissenschaftsgeschichtsschreibung der Germanistik sozusagen „institutionalisiert“ ist.
Seit Anfang 1994 ist eine relativ eigenständige Arbeitsstelle Fachgeschichte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin etabliert worden. Ihr Aufgabenbereich konzentriert sich auf die Geschichte der Berliner Germanistik , die bekanntlich in der Fachentwicklung seit dem Übergang zum 19. Jahrhundert eine zum Teil herausragende Rolle gespielt hat, wenn man an das wissenschaftliche Wirken so namhafter Gelehrter wie Jacob und Wilhelm Grimm, Friedrich Heinrich von der Hagen, Karl Lachmann, Moriz Haupt, Karl Müllenhoff, Wilhelm Scherer, Erich Schmidt, Gustav Roethe oder Julius Petersen denkt. Viele weitere Namen wären noch zu nennen, auch solche, die vornehmlich in den Jahren 1933 bis 1945 nicht gerade zum Ruhme der ehemaligen Friedrich-Wilhelms-Universität und der Preußischen Akademie der Wissenschaften beigetragen haben.
Diese wissenschaftsgeschichtliche Tradition im Spektrum von Methoden- und Konzeptdiskussionen, Forschungsergebnissen sowie institutionsgeschichtlichen Aspekten historisch-kritisch und systematisch im Kontext des Gesamtfaches aufzuarbeiten zählt zu den hauptsächlichen Aufgaben der Arbeitsstelle in Hinsicht auf die universitäre Lehre und Forschung. Dies will heißen, dass es zu ihren Obliegenheiten gehört, dafür Sorge zu tragen, dass im Lehrangebot des Instituts möglichst regelmäßig Vorlesungen und Seminare zur Wissenschaftsgeschichte präsent sind und dass im Bereich der Forschung eine kontinuierliche Arbeit geleistet wird. Was letzteres angeht, so hat sich die Tätigkeit der Arbeitsstelle Fachgeschichte in den letzten Jahren vor allem auf folgende Schwerpunkte konzentriert: auf die Frühphase der deutschen Philologie und das Werk der Brüder Grimm, auf das Werk Wilhelm Scherers und die so genannte Scherer-Schule, auf das Wirken von Franz Koch und anderer Fachvertreter in der Zeit des Nationalsozialismus sowie auf Konzepte zur Beschreibung und Erklärung wissenschaftsgeschichtlicher Rekonstruktion, wofür bereits vorgelegte bzw. noch in Bearbeitung befindliche Publikationen Zeugnis ablegen.
Die Arbeitsstelle Fachgeschichte versteht sich überdies auch als eine Einrichtung institutsübergreifender wissenschaftlicher Dienstleistungen in dem Sinne, dass sie sowohl für Konsultationen bei wissenschaftsgeschichtlich orientierten Lehr- und Forschungsvorhaben von Mitarbeitern und Studenten zur Verfügung steht als auch Einsicht in speziell für solche Belange erstellte biobibliographische Sammlungen oder andere Quellenmaterialen und – verzeichnisse gewährt. Schließlich soll noch erwähnt werden, dass seit 1995 in Verantwortung der Arbeitsstelle beim Verlag Peter Lang die neu begründete Buchreihe „Berliner Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte“ herausgegeben wird. Im Hinblick auf den Gegenstandsbereich widmet sie sich vor allem der Germanistik in ihren traditionellen Teildisziplinen. Gleichermaßen fördert sie im Sinne der Interdisziplinarität ihres Gegenstandes die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen aus den angrenzenden Philologien (Anglistik, Romanistik, Slawistik usw.), aus Wissenschaftsdisziplinen der Philosophie, Geschichtswissenschaft und Erziehungswissenschaften sowie der Naturwissenschaften. Insgesamt betrifft dies sowohl personen- und konzeptgeschichtliche Arbeiten als auch institutionsgeschichtliche Darstellungen in Form von Monographien oder Sammelpublikationen (zu wissenschaftlichen Konferenzen, Festschriften etc.).
Kontakt: https://www.literatur.hu-berlin.de/de/arbeitsstelle-fachgeschichte